»In der Region Krasnodar kommen auf einen Bewohner zwei Kilogramm Pestizide«, hieß es 1995 in einem Bericht des lokalen Naturschutzkomitees. Pflanzenschutzmittel sowie chemische Dünger stünden in enger Verbindung mit einer erhöhten Krebsrate und einer stark gestiegenen Sterblichkeit. Seit den 1960er-Jahren nahm die Chemisierung im Kubangebiet stark zu. Dabei funktionierte die Kontrolle durch lokale Parteiinstanzen kaum und der Landbevölkerung fehlte es an Fachwissen, um ihr Handeln kritisch zu hinterfragen. Die richtige Dosierung kannten sie selten und weil auf den Reisfeldern Chemikalien nur per Flugzeug ausgebracht werden konnten, wurden bei ungünstigen Windverhältnissen oft ganze Siedlungen eingenebelt.
Zahlreiche Wissenschaftler*innen wussten um die negativen Folgen des übermäßigen Gebrauchs von Pflanzengiften, Insektiziden und chemischen Düngern. Ihre Bedrohungsdiagnose konnten sie den Landarbeiter*innen aber nicht direkt vermitteln – zu restriktiv war die Informationspolitik des Sowjetstaates. Der Zusammenhang zwischen der steigenden Verwendung von Chemikalien und der Zunahme von Krankheiten durfte erst zum Ende der Sowjetunion thematisiert werden.