Öffentlich inszenierte Scham war eine Strategie im Umgang mit Lynchmorden. Politiker*innen wie Georgias Senator Richard B. Russell sahen sich gezwungen, offiziell Stellung zu beziehen und legten Wert darauf, ihre Abscheu gegenüber den Gewalttaten deutlich zu machen. Die weiße Bevölkerung im Süden verbannte den Mob so zumindest rhetorisch aus ihrer Mitte. Sie schien sich auch aktiv an der Suche nach den Mörder*innen zu beteiligen. Letztlich blieben die Täter aber meist anonym und ungestraft.
Alte Rechtfertigungsmuster begannen zwar an Wirkmacht zu verlieren, die Kriminalisierung der Lynchopfer blieb jedoch eine konstante Größe bei der Bewältigung der Lynchproblematik. Afroamerikaner*innen, vor allem afroamerikanische Männer, wurden in den meisten Berichten als eine Bedrohung für die weiße Mehrheitsgesellschaft nicht nur im Süden dargestellt. Weiße Amerikaner*innen, vor allem Frauen, wurden hingegen als schutzbedürftige Opfer stilisiert. Diese Deutungen waren Teil des Widerstands gegen eine Gleichstellung von Afroamerikaner*innen. Auch landesweit sollten diese Interpretationen weiße Amerikaner*innen von der Notwendigkeit des Erhalts der Rassen-, aber auch der Geschlechterhierarchie überzeugen.
Seit dem Zweiten Weltkrieg gelang es Afroamerikaner*innen, Bürgerrechte und Chancengleichheit durch steten Protest und Aktivismus sukzessive durchzusetzen. Dennoch existiert noch immer systemischer Rassismus, wie etwa die Zahlen über schwarze Opfer von Polizeigewalt zeigen. Der veränderte Umgang von Weißen mit Lynchmorden wie in Monroe, Georgia, zeigt, wie die bedrohte Vormachtstellung einer Gruppe durch geschickte Anpassung und Neuordnung der politischen Mittel erhalten werden kann.
Aktuelle Adaption der Fahne, die von Bürgerrechtsaktivisten nach Lynchings aufgehängt wurde.